Arbeitsgruppe Funktionale Nanostrukturen aus assemblierten kolloidalen Nanopartikeln

(vormals AG-Leitung Prof. Dr. Nadja-C. Bigall)

Die Arbeitsgruppe Bigall befasst sich mit der Synthese und Struktur-Eigenschafts-Korrelation von Funktionalen Nanostrukturen, die durch kontrollierte Assemblierung von metallischen, superparamagnetischen und halbleitenden Nanopartikeln erhalten werden.

seit 2024: AG Bigall an der Universität Hamburg

Herstellung und Charakterisierung funktionaler assemblierter Nanostrukturen

Kolloidale Nanopartikel aus Edelmetall-, Halbleiter- und magnetischen Materialien besitzen ein breites Anwendungsspektrum: von Sensorik und Optik über biomedizinische Bildgebungs- sowie Behandlungsverfahren bis hin zur heterogenen Katalyse und Photokatalyse. Einige dieser Anwendungen verlangen die Immobilisierung von Nanopartikeln in sogenannte Assemblierungen. Je nach gewünschter Materialfunktion (mechanische und chemische Stabilität, Anordnungsgeometrie und Interpartikel-Wechselwirkungen) können Assemblierungen templatgetragen oder templatfrei sein, geordnet oder ungeordnet, und makroskopisch oder mikroskopisch. Dazu muss Kontrolle über Partikelanordnung in der jeweiligen Architektur erreicht werden. Spezielle Assemblierungen weisen zudem oft interessante neue Eigenschaften auf.

Nanokristalle: Die Bausteine für Funktionale Nanostrukturen

Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von Halbleiter-Nanoplättchen mit Edelmetallpartikeln an den Rändern der Plättchen. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von Halbleiter-Nanoplättchen mit Edelmetallpartikeln an den Rändern der Plättchen. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von Halbleiter-Nanoplättchen mit Edelmetallpartikeln an den Rändern der Plättchen.
Rechteckige Halbleiterplättchen mit Edelmetalldomänen an den Rändern.

Form-, Größen- und Eigenschaftskontrolle von kolloidalen Nanokristallen

Unsere Forschung fokussiert sich hauptsächlich auf die kontrollierte Assemblierung von Nanopartikeln, wie in den anderen Kapiteln beschrieben. Um solche Nanostrukturen mit höchster Funktionalität zu erreichen, ist dabei die Kontrolle über die Eigenschaften der "Bausteine", nämlich der Nanopartikel unumgänglich. Insbesondere geht es um eine präzise Kontrolle folgender Nanopartikeleigenschaften:

  • Größenquantisierungseffekt bei Halbleiternanopartikeln
  • Superparamagnetismus bei Nanopartikeln aus magnetischer Materie
  • Lokalisierte Oberflächenplasmonresonanz bei Edelmetallnanopartikeln
Fünf fluoreszierende Nanopartikelproben von blau (links) über grün, gelb, rot zu tiefrot (rechts) Fünf fluoreszierende Nanopartikelproben von blau (links) über grün, gelb, rot zu tiefrot (rechts) Fünf fluoreszierende Nanopartikelproben von blau (links) über grün, gelb, rot zu tiefrot (rechts) © Sven Getschmann
Der Größenquantisierungseffekt bei fluoreszierenden Quantenpunkten.

Synthesestrategien für maßgeschneiderte Nanokristalle

Diese Eigenschaften müssen zunächst in den Nanopartikeln präzise kontrolliert werden, um in der späteren Assemblierung die gewünschten Materialfunktionen zu erreichen. Dazu müssen die Nanopartikel in Größe, Form und Materialzusammensetzung hochgradig gleichartig hergestellt werden. Wir verwenden für die Synthese solcher maßgeschneiderten Nanokristalle moderne nasschemische Methoden wie

  • Synthese in hochsiedenden Lösemitteln
  • "Hot Injection"-Methode
  • Keim-vermitteltes Wachstum

Nachträgliche Oberflächenmodifizierung mit Polymerhüllen oder durch sogenannte Ligandenaustauschreaktionen sind ebenfalls möglich.

Makroskopische Assemblierungen maßgeschneiderter Nanokristalle

Orangefarbig fluoreszierende kolloidale Nanopartikeln in Küvette (links), Hydrogel mit schwächerer Fluoreszenz der gleichen Nanopartikel ind Eppendorff Tube (Mitte), Aerogel dieser Nanopartikel, orangefarbige Fluoreszenz (rechts) Orangefarbig fluoreszierende kolloidale Nanopartikeln in Küvette (links), Hydrogel mit schwächerer Fluoreszenz der gleichen Nanopartikel ind Eppendorff Tube (Mitte), Aerogel dieser Nanopartikel, orangefarbige Fluoreszenz (rechts) Orangefarbig fluoreszierende kolloidale Nanopartikeln in Küvette (links), Hydrogel mit schwächerer Fluoreszenz der gleichen Nanopartikel ind Eppendorff Tube (Mitte), Aerogel dieser Nanopartikel, orangefarbige Fluoreszenz (rechts)
Nanoteilchen in Lösung (links) sowie assembliert als monolithisches Hydrogel (Mitte) und getrocknet als Aerogel (rechts).

Aerogele und Hydrogele aus kolloidalen Nanokristallen

Aerogele und Hydrogele sind ultraleichte makroskopische Materialien aus maßgeschneiderten Nanopartikeln. Sie sind aus kontrolliert vernetzten Nanopartikelbausteinen aufgebaut und monolithisch, nanoporös und mit großen spezifischen Oberflächen. Unser Forschungsfokus ist es, solche Gelstrukturen mit den Funktionen der Nanopartikelbausteine zu synthetisieren und somit die nanoskopische Welt mit ihren besonderen physikalischen Eigenschaften der "alltäglichen" makroskopischen Welt zugänglich zu machen. Unter speziellen Voraussetzung kann man sogar Aerogele synthetisieren, deren physikalische Eigenschaften wiederum neu sind. Beispielsweise konnten wir in den Nanopartikelnetzwerken Ladungsträgertransport und erhöhte Exzitonlebensdauern nachweisen.

Rasterlektronenmikroskopische Aufnahme von cryogelierten Nanopartikeln. Die typischen blätter- und röhrenartigen Strukturen eines Cryogels sind erkennbar. Rasterlektronenmikroskopische Aufnahme von cryogelierten Nanopartikeln. Die typischen blätter- und röhrenartigen Strukturen eines Cryogels sind erkennbar. Rasterlektronenmikroskopische Aufnahme von cryogelierten Nanopartikeln. Die typischen blätter- und röhrenartigen Strukturen eines Cryogels sind erkennbar.
Elektronenmikroskopische Aufnahme von Nanoteilchen assembliert als Kryoaerogel.

Kryoaerogele aus kolloidalen Nanokristallen

Eine besondere, bei uns entwickelte Synthesestrategie zur Herstellung von Gelstrukturen aus kolloidalen Nanopartikeln ist die Kryoaerogelierung. Dabei nutzt man aus, dass beim schnellen Einfrieren von wässrigen Nanopartikellösungen diese nicht in die Eiskristalle eingebaut werden, sondern sich in den Eiskristallzwischenräumen anlagern. Unter Verwendung von ausreichend hohen Nanopartikelkonzentrationen bilden sich in den Eiskristallgrenzen durchgehende Netzwerke aus Nanopartikeln, welche auch nach anschließender Lyophilisierung bestehen bleiben. Diese Art von Aerogelen hat den Vorteil, nicht von der Oberflächenchemie oder Nanopartikelart abhängig zu sein und ist somit extrem vielseitig einsetzbar.

Mikroskopische Assemblierung maßgeschneiderter Nanokristalle

Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von drei mikroskopischen Assemblierungen aus dichtgepackten magnetischen Nanopartikeln. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von drei mikroskopischen Assemblierungen aus dichtgepackten magnetischen Nanopartikeln. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von drei mikroskopischen Assemblierungen aus dichtgepackten magnetischen Nanopartikeln.
Drei mikroskopische Assemblierungen aus dichtgepackten magnetischen Nanopartikeln.

Mikroskopische Assemblierungen aus superparamagnetischen Nanokristallen

Aus superparamagnetischen Nanopartikeln können mikroskopisch große Assemblierungen hergestellt werden, die wieder kolloidal löslich sind. Solche Strukturen können weiterhin mittels Polymeren oder anderen Nanopartikeln zu multifunktionalen kolloidalen Objekten modifiziert werden. Dabei spielen Packungsdichte, Interpartikelabstand, Nanopartikelbausteingrößen, Art des Polymers, etc. wichtige Rollen für die zu erwartenden physikochemischen Eigenschaften. Die Anwendungsmöglichkeiten solcher kolloidalen Assemblierungen liegen beispielsweise in der Magnetresonanztomographie als Kontrastmittel, in magnetisch geleitetem Wirkstofftransport, sowie in hyperthermischen Therapien in der Nanobiomedizin.

Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von mikroskopischen Assemblierungen von Halbleiternanoplättchen als stapelartige Struktur. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von mikroskopischen Assemblierungen von Halbleiternanoplättchen als stapelartige Struktur. Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme von mikroskopischen Assemblierungen von Halbleiternanoplättchen als stapelartige Struktur.
Mikroskopische Assemblierung von Halbleiternanoplättchen als stapelartige Struktur.

Mikroskopische Assemblierungen aus Halbleiternanokristallen

Auch aus Halbleiternanopartikeln lassen sich mikroskopisch große Assemblierungen synthetisieren. Insbesondere haben die Form der eingesetzten Nanopartikel Einflüsse auf die resultierende Assemblierungsgeometrie. Wir interessieren uns beispielsweise, wie bzw. ob in solchen Materialien Ladungsträger bzw. Exzitonen von Partikel zu Partikel innerhalb eines Objekts wandern können. Dazu benutzen wir spektroelektrochemische Methoden.

Struktur-Eigenschafts-Korrelation an funktionalen Nanostrukturen

Schematischer Messaufbau und Funktionsprinzip der spektroelektrochemischen Vermessung von Halbleiter-Nanopartikeln. Schematischer Messaufbau und Funktionsprinzip der spektroelektrochemischen Vermessung von Halbleiter-Nanopartikeln. Schematischer Messaufbau und Funktionsprinzip der spektroelektrochemischen Vermessung von Halbleiter-Nanopartikeln.
Schematischer Messaufbau und Funktionsprinzip der spektroelektrochemischen Vermessung von Halbleiter-Nanopartikeln.

Spektroelektrochemie und Elektrochemie

Im Bereich der Spektroelektroskopie arbeiten wir mit Halbleiternanopartikeln und deren Assemblierungen. Die Spektroelektrochemie liefert uns einerseits Aufschluss über die elektronischen Zustände und Ladungsträgertransferprozesse. Andererseits arbeiten wir auch daran, durch gezielten Aufbau der Nanopartikelassemblierungen funktionale Elektroden darzustellen, die langfristig Potential in der photoelektrochemischen Sensorik haben.

Da sich Edelmetallnanopartikel und speziell deren aerogelartige Assemblierungen für Anwendungen in der Katalyse und Elektrokatalyse anbieten, konzentriert sich ein Teil unserer Forschung mit der Erforschung der Elektrochemischen Eigenschaften dieser funktionalen Nanostrukturen.

Absorptions-, Emissions- und Anregungsspektrum von Halbleiternanoplättchen. Absorptions-, Emissions- und Anregungsspektrum von Halbleiternanoplättchen. Absorptions-, Emissions- und Anregungsspektrum von Halbleiternanoplättchen.
Absorptions- (grau), Emissions- (blau) und Anregungsspektrum (grün) von Halbleiternanoplättchen.

Absorptions-, Extinktions- und Emissionsspektroskopie

Für eine detaillierte Struktur-Eigenschafts-Korrelation der funktionalen Nanostrukturen ist eine spektroskopische Untersuchung unumgänglich. Dabei interessieren uns die optischen Eigenschaften im UV-Vis-NIR Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Messungen in Transmission sowie diffuser Reflexion sind möglich, um die Absorptions-, Extinktions- und Emissionsspektren zu erhalten. Um strahlende und nichtstrahlende Ladungsträgerrekombinationsprozesse voneinander unterscheiden zu können, sind zudem oftmals Emissionslebensdauermessungen im µs bis ps Bereich von Interesse, ebenso wie spektroskopische Analysen bei kryogenen Temperaturen.

Strukturelle Charakterisierung

Zusätzlich zu den oben genannten Charakterisierungsmethoden werden Transmissions- und Rasterelektronenmikroskopie, sowie Röntgendiffraktometrie als Standardmethoden zur strukturellen Charakterisierung unserer funktionalen Nanostrukturen eingesetzt.