Arbeitsgruppe Simulation chemischer Dynamik

AG-Leitung Prof. Dr. Irmgard Frank

Die Arbeitsgruppe forscht an der Simulation von chemischen Reaktionen. Dazu lösen wir die zeitunabhängige Schrödingergleichung für die Elektronen eines molekularen Systems mit Hilfe der Dichtefunktionalnäherung.

Simulation chemischer Reaktionen

Die Schrödingergleichung schreibt seit fast hundert Jahren eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte. Dies bezieht sich primär auf die zeitunabhängige Schrödingergleichung.

Es hat sich im Laufe der Zeit herausgestellt, dass damit nicht nur das elektronische Spektrum des Wasserstoffatoms mit hoher Genauigkeit erhalten werden kann, wie Schrödinger das getan hat.

  • Reaktion chemischer Systeme

    Mit Einführung eines Elektronenspins und des Pauliprinzips lassen sich auch beliebige elektronische Vielteilchensysteme beschreiben – Moleküle, Lösungen, Festkörper etc. Für sehr kleine Moleküle ist das hoch genau möglich, für größere Systeme hat sich in den letzten Jahren vor allem die Dichtefunktionalnäherung etabliert. In jedem Fall ist es die Elektronenwolke, die als ein ausgedehntes Objekt quantenmechanisch behandelt wird. Die sehr viel kleineren Kerne werden als Punktteilchen im Raum beschrieben, die von der Elektronenwolke zusammengehalten werden. Damit werden zunächst nur statische Probleme behandelt, also Fälle, in denen die zeitunabhängige Schrödingergleichung ausreicht. Geschätzt über 90 Prozent aller quantenchemischen Rechnungen werden heutzutage auf dieser Grundlage durchgeführt.

    In Probleme kommt man jedoch, wenn man nun im Vertrauen auf die universelle Gültigkeit der Schrödingergleichung auch die Kernbewegung mit Dichtefunktionaltheorie behandeln will, um etwa chemische Reaktionen zu simulieren. Es stellt sich heraus, dass aufgrund der Ähnlichkeit der Schrödingergleichung mit einer Diffusionsgleichung zunächst die Kerne und dann die Elektronen diffundieren. Der Ausweg aus dieser Situation ist die klassische Beschreibung der Kernbewegung mit den Newtongleichungen.
    Dies wurde 1985 von Roberto Car und Michele Parrinello konkret in einem Code (CPMD = Car-Parrinello-Molekül-Dynamik) realisiert. Zunächst erschein dies als eine billige Näherung und fand nur wenig Akzeptanz in der deutschen Quantenchemie. Mittlerweise wird klar, dass das klassische Bild für die Kernbewegung viel zu erfolgreich ist, um eine Näherung an die Schrödingergleichung darzustellen.

    Auf der chemisch relevanten Skala von Pikometern bis Nanometern erscheinen die Kerne als Punktteilchen und bewegen sich nach Newton geradlinig und gleichförmig, wenn sie nicht beschleunigt werden. Eine Diffusionsgleichung kann hier nicht angewandt werden. Es gibt schlicht keinen Operator, der eine einmal diffundierte Kernwellenfunktion zum korrekten Kollaps bringen würde. Des Weiteren ist die innere Struktur der Kerne, die die Grundlage für Kernspaltung und Kernfusion ist, für chemische Reaktionen irrelevant und könnte ohnehin keinesfalls mit der nicht-relativistischen Schrödingergleichnung beschrieben werden.
    Folglich entstehen die Newtonbewegung der Kerne wie auch die quantenmechanische Beschreibung der Elektronenwolke aus einer generelleren Gleichung, die bisher unbekannt ist.

    Als praktische Anwendung dieser Überlegungen lassen sich mit dem CPMD-Code, Filme von chemischen Reaktionen erzeugen, die die tatsächliche zeitliche Entwicklung der Elektronenwolke und der Kerne anschaulich machen.
    Wir beobachten dabei klassisches Chaos: Die Orbitale bewegen sich wie die Kerne deterministisch, aber mit verschiedenen Gleichungen. Kleinste Änderungen bei den Ausgangsbedingungen können zu verschiedenen Reaktionsprodukten führen.

    Unsere einzelnen Projekte gliedern sich nach der Art, wie ein chemisches System zur Reaktion gebracht wird: Photochemie (durch Licht), Mechanochemie (durch mechanische Belastung), Elektrochemie (durch elektrischen Strom).

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Prof. Dr. rer. nat. Irmgard Frank
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Callinstraße 3a
30167 Hannover
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